Patrizia Dander ist leitende Kuratorin am Museum Brandhorst in München. Dort kuratierte sie unter anderem "Kerstin Brätsch: Innovation", die erste Übersichtsausstellung der Künstlerin, und "Forever Young – 10 Jahre Museum Brandhorst“ (bis 19. Juli 2020).
Foto: Frank Stolle
Es gibt wenige Bücher, die mich so berührt haben wie Ocean Vuongs Erstlingswerk „On Earth We’re Briefly Gorgeous“ (dt. „Auf Erden sind wir kurz grandios“). In einem Brief an die eigene Mutter – die Analphabetin ist und den Inhalt nie wird lesen können – erzählt der 28-jährige Little Dog sein Erwachsenwerden. Er schreibt von seinem Aufwachsen als Sohn einer vietnamesisch-amerikanischen Einwanderin, von den Traumata, die seine post-migrantische Familie immer wieder heimsuchen, und dem Versuch, als solche in der amerikanische Provinz nicht aufzufallen. Langsam schiebt sich seine erste schwule Liebesbeziehung in all ihrer Zartheit und Härte in den Vordergrund. Aus diesen Erfahrungen der eigenen Verletzlichkeit erwächst Schritt für Schritt die Stärke von Little Dog.
Dass Vuong bisher vor allem Lyrik geschrieben hat, merkt man jeder Zeile des Buches an. Die Sprache ist atemberaubend. Dabei schafft Vuong es, die Bedeutung des Versprachlichens selbst in den Fokus zu rücken – die Bruchstücke, Unsagbarkeiten aber auch den Überfluss von Sprache, aus denen sich unsere Selbsterzählungen und Identitäten formen.
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