Rapa Nui, die 1888 von Chile annektierte „Isla de Pascua“, die Osterinsel, das einsamste Eiland auf der Welt, liegt über 3000 Seemeilen von der nächsten Küste entfernt im Pazifik. Allein ihre Abgelegenheit macht die Insel, so Glissant, „über alle anderen erhaben“.

Glissant selbst konnte die Reise aus Gesundheitsgründen nicht mehr unternehmen. Also nahm die Künstlerin Sylvie Glissant, die Frau des Autors, die Reise auf sich, um die notwendige Feldstudien auf der einsamsten Insel der Welt für ihren Lebenspartner zu betreiben. In seinem Arbeitszimmer in Paris überführte Édouard Glissant die Eindrücke seiner Lebensgefährtin (Fotos, Zeichnungen, Tondokumente) in die „Unordnung der Literatur“. Dazu kommt – das ist für seine Praxis entscheidend – der orale Diskurs. In diesem Fall sind das Livegespräche zwischen Bewohnern der Insel und dem Poeten. Damals noch Skype, kein Zoom.

"Das Magnetische Land. Die Irrfahrt der Osterinsel Rapa Nui“ spürt dem Kraftzentrum der Insel nach, um das Seinsgefühl der Bewohner zu erfassen. Für Glissant speist es sich aus einem außerordentlichen Gespür für Magnetismus, für die Bewegungen aus der Tiefe der See wie des Himmels.

Über den Autor:

Édouard Glissant wurde 1928 auf der karibischen Insel Martinique geboren. Mit einem Stipendium kam er 1946 nach Paris, um dort Geschichte, Literatur, Ethnologie und Philosophie zu studieren. Bald schon schloss er sich künstlerisch-literarischen Zirkeln an und engagierte sich in antikolonialistischen Bewegungen. 1958 wurde er für seinen Roman "La Lézarde" mit dem renommierten Prix Renaudot ausgezeichnet. Mit seinen zahlreichen Romanen, Essay-und Lyrikbänden avancierte er zum Chronisten der antillischen Geschichte und zum Ethnologen der postkolonialen Welt. Er war der bedeutendste Autor der französischsprachigen Karibik und intellektueller Vordenker einer Poetik und Philosophie der Weltbeziehung und der Vielheit.