Minor Characters

Joyce Johnson|Englische Ausgabe

Über das Buch

Im Jahr 1954 erklärte Joyce Johnsons Barnard-Professor seiner Klasse, dass die meisten Frauen niemals Erfahrungen machen könnten, über die es sich lohnen würde, darüber zu schreiben. Solche Einstellungen waren in einer Zeit, in der „gute“ Frauen vor ihrer Heirat weder ihr Zuhause verlassen noch Sex hatten, keineswegs ungewöhnlich. Sogar diejenigen, die gegen die Regeln verstoßen hatten, konnten erwarten, dass sie in den von Männern gespielten Dramen nur kleine Figuren sind. Aber geheime Rebellen wie Joyce und ihre Klassenkameradin Elise Cowen lehnten es ab, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie waren.
 
Als Teenager stahl sich Johnson nach Greenwich Village, um auf dem Washington Square Volkslieder zu singen. Sie war 21 und hatte ihren ersten Roman begonnen, als Allen Ginsberg sie mit Jack Kerouac bekannt machte. Neun Monate später war sie bei Kerouac, als die Veröffentlichung von On the Road ihn über Nacht berühmt machte. Joyce hatte sich danach gesehnt, mit ihm auf die Straße zu gehen. stattdessen bekam sie einen Vordersitz bei einer Kulturrevolution, die von allen Seiten angegriffen wurde; fand neue Freunde wie Hettie und LeRoi Jones und kämpfte darum, den schüchternen, charismatischen, gequälten Kerouac davon abzuhalten, sich selbst zu zerstören. Es war schnelle Ausbildung im Leben. Was Johnson und andere Frauen der Beat-Generation entdecken würden, waren die Risiken, der Kummer und die berauschende Aufregung, zu versuchen, so frei zu leben wie die Rebellen, die sie liebten. Die Geschichte der Frauen der Beat-Generation findet sich im Titel: Minor Characters, die "Nebenfiguren" der Ära.

ISBN: 978-0-413-77715-7

Es gab mal eine Anzeige der Kleidermarke The Gap mit einem Foto von Jack Kerouac. Darauf steht er nachts vor der leuchtenden Neonschrift der Bar Kettle of Fish in Greenwich Village, die damals, 1958, noch in der MacDougal Street war (heute ist sie in der Christopher Street) und ein beliebter Treffpunkt der Literaten der so genannten Beat Generation. Er trägt ein weißes Hemd mit hochgekrempelten Armen, lächelt leicht, und links neben ihm ist ziemlich viel Dunkelheit, da steht der Satz: „Kerouac wore khakis“.

Auf dem Originalfoto war links von Kerouac nicht so viel Platz. In Wahrheit hatte dort seine damalige Freundin gestanden, Joyce Johnson, damals noch Joyce Glassman. Sie war herausretuschiert worden, nicht nur aus diesem Foto, es nahm auch sonst niemand Notiz davon, dass zu den ganzen männlichen Egos der Beat Generation auch Frauen an ihrer Seite gehört hatten (jedenfalls zu manchen), die ihnen ihr Künstlerdasein teilweise erst ermöglichten, indem sie von ihren eigenen, weniger genialen Jobs Essen für sie bezahlten, sie bei sich wohnen ließen, ihre Werke für sie abtippten etc.

Joyce Johnson war eineinhalb Jahre lang die Freundin von Jack Kerouac, und zwar genau in der Zeit, in der „On the Road“ herauskam, das ihn schlagartig zum gefeierten Literatur-Star machte. Sie war Anfang zwanzig, er über 30, und obwohl er ihr gleich beim ersten Date mitteilte, dass sie leider nicht sein Typ sei – sie war blond, er bevorzugte es dunkler – zog er sofort bei ihr ein. In ihrem 1983 veröffentlichten fantastischen, fantastischen Memoir „Minor Characters“, das so gut wie ausschließlich in New York City spielt, kommt Kerouac oft vor. Doch die Hauptfigur ist sie, Joyce Johnson, die damit den Vorgang der Auslöschung revidiert. Das Buch handelt von einer jungen Frau, die sich nicht mit der Rolle zufriedengeben will, die in den 1950er Jahren für Frauen vorgesehen war, mit ihrem konservativen Elternhaus bricht, und sich in einen aufregenden Künstlertypen verliebt, der sich nicht binden will. Wenn man es liest, begreift man plötzlich, dass die wahren Helden der ach so heldenhaften Beat Generation Frauen waren, Heldinnen. Und übrigens: toll geschrieben ist es auch noch.

Johanna Adorján

Johanna Adorján

Journalistin & Schriftstellerin

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