Hemingways Fiesta, die delirierende Reise nach Petuschki, der „dirty old man“ Charles Bukowski, der mythische Mezcal „Los Suicidas“ in Roberto Bolaños Werk... Aus der Literaturgeschichte ragen die leeren Flaschen turmhoch und erfüllen verschiedene Funktionen.
Cocktails sind ikonische Motive, definieren Charaktere und bieten einen Einblick in ihren Geschmack und ihre Persönlichkeit. Breakfast At Tiffany’s? Audrey Hepburn's Holly Golightly ist ohne einen White Angel nicht vorstellbar. Der Baron findet mit Vodka sein Glück im Gorkis Nachtasyl. Und James Bond? Eben.
Drinks treiben Handlungsstränge voran und ebnen den Weg in Richtung Freude, Verzweiflung oder eine Kombination aus beidem. In einigen Fällen repräsentieren sie die Autoren selbst, deren Leben so bunt war wie ihre Prosa und die das mörderische Klappern der Schreibmaschine – oder ihre strafende Stille bei Blockaden – nüchtern nicht ertragen hätten. Und natürlich hat jeder Cocktail ein Eigenleben – je dunkler die Herkunft, desto besser.
Für Bücher & Theken haben wir deshalb die wahren Experten gefragt, uns bei einer literarischen Getränkekarte Deutschlands zu helfen. Fünf Mixologinnen beweisen, dass Drinks grossartige Geschichten schreiben und empfehlen den passenden Drink dazu. Oder verhält es sich umgekehrt? Lesen hat jedenfalls noch nie so gut geschmeckt.
Bücher & Theken entstand in Zusammenarbeit mit unseren Freunden von Russian Standard Vodka. Cheers!
“I was altogether immensely impressed by Hamburg, wich is now one of my favourite cities in the world. Perhaps I was favourably conditioned through staying at one of the few remaining really great hotels in Europe. This is the Vier Jahreszeiten on the Inner Alster, one of the two fine artificial lakes that add so much to the beauty of the heart of the city."
Ian Fleming, “Thrilling Cities“
Es gibt Drinks, die verlangen nach dem richtigen Ambiente, um sie in ihrer ganzen Pracht genießen zu können. Einen Mojito auf den vollen und lebhaften Straßen Cubas, einen Bellini in Harrys Bar in Venedig oder einen Mai Tai in einer Tiki Bar irgendwo in der Karibik.
Natürlich ist es etwas umständlich immer dann, wenn man Lust auf einen solchen Drink verspürt, an diese Orte zu reisen und diese dann dort zu genießen.
Hier kommen all diese wundervollen Bars der Welt ins Spiel, welche uns zumindest in den urbanen Regionen, mit ihrem Ambiente und ihren großartigen Gastgebern für einige Momente in die passende Stimmung für diese Drinks versetzen können.
Einen dieser Orte beschreibt Ian Fleming in seinen Reiseberichten, welche er im Auftrag der Sunday Times im Jahr 1959 verfasste. 14 Städte erkundete er hierfür. Von Hong Kong, Honolulu und New York schwärmt er genauso wie über Berlin und Hamburg.
Er verliebte sich nahezu in Hamburg und bezeichnet diese Stadt als eine seiner Lieblingsstädte. Und gerade das ehrwürdige Luxushotel Vier Jahreszeiten an der Binnenalster hat es ihm angetan.
Und ja, ich teile seine Begeisterung seit Jahren. Schon bei der Ankunft vor diesem Hotel ergreift einen das Gefühl des absoluten Luxus. Die wunderschöne, teils goldverzierte Fassade, der rote Teppich, die schweren Türen, … Direkt links vom Eingang befand sich früher die Kofferkammer für das großzügige Reisegepäck der wohlhabenden Gäste. Mit den Jahren wurden die Koffer immer kleiner und dieser Raum überflüssig. So entstand hier die Jahreszeiten Bar, welche zuvor Simbari Bar hieß.
Eine sehr kleine Bar in deren Mitte eine Wendeltreppe auf eine Empore führt. Hier finden kaum mehr als 25 Gäste Platz. Und wer einmal einen dieser Plätze für sich einnehmen kann, gibt ihn auch so schnell nicht wieder her.
Man muss nicht zwingend mit einem Aston Martin DB5 vorfahren, einen Smoking oder ein Abendkleid tragen, um hier in die Welt der James Bond Romane von Ian Fleming zu gleiten. Ich selber habe bei meinen vielen Besuchen dieser Bar festgestellt, dass ich mich unmittelbar nach dem Betreten jener von der Atmosphäre einfangen lasse und mich unweigerlich auch sofort anders fühle. Ich könnte hier kein Bier bestellen. Ich muss hier einfach einen Martini Cocktail bestellen. Und nicht irgendeinen, sondern den James Bond Martini, einen Vesper:
Das ganze shaken, not stirred, in ein vorgekühltes Martini Cocktail Glas strainen und mit einer langen, dünnen Zitronenzeste garnieren.
Ein absoluter Genuss!
Patti Smith ist eine Person, mit der ich mich lange verbunden fühle. Ihr Album "Horses" ist eins meiner liebsten Alben überhaupt und ich habe all ihre Bücher gelesen. Sie verkörpert für mich das Konzept einer selbstgemachten Künstlerin und Intellektuellen, die nie an einer Universität studierte aber sich selbst durch Bücher und Reisen bildete.
Uns verbindet die Liebe zu russischer Literatur und Autoren wie Mikhail Bulgakov, der das großartige "Meister und Margarita" schrieb, das unter anderem die Rolling Stones zu "Sympathy for the Devil" inspirierte. Sein Porträt hängt über Pattis Lieblingstisch im russischen Restaurant Pasternak am Wasserturm, das sie in M Train beschreibt. Das Buch ist eine lose Sammlung von Erinnerungen und Reiseberichten, ein Kapitel ist Berlin gewidmet. Immer wieder geht es um das Pasternak, und jedes mal wird dort Vodka getrunken. Pur oder mit Stör-Kaviar. Wer also Vodka trinken will wie ein Russe (oder Patti Smith), der trinkt ihn pur. Das Geheimnis der russischen Trinkfestigkeit ist allerdings das dazugehörige Ritual. Denn jederzeit wird zum Vodka Sakuska, übersetzt der "Nach-Bissen" serviert. Räucherfisch, eingelegte Pilze, Häppchen mit Kaviar, in Öl und Knoblauch gebratenes Schwarzbrot. Mein persönlicher Favorit sind eingelegte Kirschtomaten. Vodka trinken, Kirschtomate hinterher.
Voila. Ein Aroma irgendwo zwischen Dirty Martini und Bloody Mary. Mehr braucht es nicht, für mich ist das pure Perfektion.
* Vodka = Wasser des Lebens = kg = l
Streulicht zeigt ein Milieu, das ich wie meine Westentasche kenne. 2019 habe ich in der Kinly Bar einen Drink entwickelt, der alle Kulturen des Frankfurter Bahnhofsviertels ins Glas bringt und perfekt zum Stoff passt:
Elmo
*Sous Vide Zubereitung: 90 Minuten im Wasserbad (72 Grad)!
Das Ganze wird in einer Schale mit einem Eiswürfel serviert. Komplex wie FFM.
In Monster Poems beschreibt Gomringer das Unbeschreibliche, unsere Ängste, in Form von Gedichten. Hier sind sie alle vereint: alte Leinwand-Schurken, neue Sternchen, Besucher, seltsame Gefühle, Verfolger und fast liebenswerte Monster-Wesen. Popkulturell illustriert, einfach ein grandioser Gedichtband.
Spaziert man bei Abenddämmerung durch Bamberg, kann man die ganze Historie der Altstadt spüren, die wunderschönen Altbauten - teilweise aus dem 13. Jahrhundert - bestaunen, aber auch den Monstern der Vergangenheit begegnen, wie dem Mahnmal zur Bamberger Hexenverfolgung, bei der im 17. Jahrhundert 1000 vermeintliche Hexen und Magier gefoltert und ermordet wurden.
Besonders berührt hat mich das Gedicht "Golden Boy": ein Gedicht über Midas, dem alles was er anfasst, zu Gold wird. Diese Gabe wird natürlich beim Essen und Trinken vom Goldsegen zum Fluch.
Damit uns das nicht passieren kann, schimmert mein Drink bereits dezent golden, macht nicht reich, aber ein reichhaltig, gutes Gefühl:
What's Golden?
* 0,5g Safran auf 1L Russian Standard Vodka, 48h im Kühlschrank infusionieren
Alle Zutaten auf Eiswürfel shaken, doppelt absieben und in einem Tumbler auf einem grossen Eiswürfel servieren.
"Was nimmt man mit, wenn man in ein Land auswandert, in dem man vorher niemals gewesen ist, wenn man niemanden kennt, der es jemals gesehen hat?? In „Meine weißen Nächte“ erzählt Lena Gorelik in Flashbacks die Geschichte einer jungen Frau, die während der Perestroika mit ihrer Familie aus Sankt Petersburg nach Deutschland immigriert. Teils autobiographisch beschreibt Gorelik in einem unverblümten Deutsch, was es bedeutet, in einer von Defiziten geprägten Zeit und an einem Ort, der die eigene Mentalität unverkennbar beeinflusst, aufgewachsen zu sein. Unprätentiös ehrlich skizziert sie Gewohnheiten und Eigenarten, die auch nach jahrelanger Assimilation in diese seltsame westliche Welt einfach nicht abzulegen sind.
White Nights
Shaken und in ein geeistes Cocktail Glas abseihen. Eine leichte Sahneschicht (alternativ auch vegane Sahne) auf den Drink floaten und mit feinem Vanillestaub garnieren.
*Rezept zum Calamansi Cordial:
Je nach Größe 20 bis 25 Calamansi entsaften und Saft einkühlen. Die Reste der Zitrusfrucht in 200 Gramm Zucker einlegen und mindestens 3 Tage ziehen lassen. Das gewonnene Oleo Saccharum mitsamt Fruchtresten 5 Minuten aufkochen und danach den Fruchtsaft einrühren. Den Cordial filtern und einkühlen.
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